Rede von Mahdie – Young Advocat von Terre des Hommes – bei der Vernissage der Hope in Darkness – Ausstellung (07.04. bis 22.04. im Alten Rathaus Würselen bei Aachen, veranstaltet von Terre des Hommes Aachen).
„Hallo mein Name ist Mahdie, ich bin 20 Jahre alt und komme aus Afghanistan. Ich lebe seit drei Jahren hier in Deutschland und bereite mich gerade auf mein Abitur vor. Ich freue mich sehr, heute hier zu sein und diese Ausstellung mit Ihnen gemeinsam eröffnen zu dürfen.
„Die Bilder, die Sie heute hier sehen, sind in großer Gefahr und unter extrem schwierigen Bedingungen entstanden.“
Ich stehe heute hier, weil ich vor einigen Wochen an einem Sprecherinnen-Training von Terre des Hommes teilgenommen habe. Aber noch viel mehr stehe ich hier, weil ich heute für Menschen sprechen möchte, die es selbst nicht können – für die mutigen afghanischen Künstlerinnen, die die Bilder dieser Ausstellung gemalt haben.
Diese Frauen sind nicht hier. Sie leben noch immer in Afghanistan. Sie konnten nicht fliehen. Nur ihre Bilder haben es geschafft, diesen Raum, diesen Ort, dieses Land zu erreichen.
Die Bilder, die Sie heute hier sehen, sind in großer Gefahr und unter extrem schwierigen Bedingungen entstanden. Denn in Afghanistan ist es unter der Taliban-Herrschaft verboten, solche Bilder zu malen – besonders für Frauen. Trotzdem haben diese Künstlerinnen es gewagt, ihre Geschichten auf Leinwand zu bringen. Ihre Ängste, ihre Wut, ihre Sehnsucht – aber auch ihre Hoffnung.





Diese Werke wurden heimlich über private Netzwerke in den Iran gebracht und von dort im Jahr 2024 nach Deutschland gesendet. Seitdem reisen die Bilder durch das Land – organisiert vom afghanischen Verein FIDA e.V. in Zusammenarbeit mit Terre des Hommes. Und heute sind sie hier. Hier bei uns. Bei Ihnen. Bei mir.
Jedes Bild, das Sie in dieser Ausstellung sehen, erzählt eine Geschichte. Eine Geschichte über Mut, über Schmerz, über Widerstand – aber vor allem über Hoffnung in dunklen Zeiten.
Ich lade Sie ein, sich diese Bilder mit offenem Herzen anzuschauen. Nehmen Sie sich Zeit. Denn diese Bilder sprechen, wo Worte fehlen.
„Ich habe das Gefühl, als hätte man mich aus meinem eigenen Leben ausgesperrt.“
Als Afghanin weiß ich, wie es Frauen und Mädchen in Afghanistan heute geht. Ich bekomme fast täglich Nachrichten aus meinem Heimatland. Ich höre, wie Freundinnen von mir nicht mehr zur Schule dürfen. Eine Freundin von mir war in der 10. Klasse – sie darf seit fast drei Jahren nicht mehr lernen.
Sie sagt: „Ich habe das Gefühl, als hätte man mich aus meinem eigenen Leben ausgesperrt.“
Eine andere Frau, eine Mutter, hat mir geschrieben, dass sie ihre Tochter verstecken muss, wenn die Taliban durch das Viertel gehen – weil sie Angst haben, dass sie mitgenommen wird. Und sie selbst darf nicht mehr arbeiten, nicht einmal als Lehrerin, obwohl das ihr Beruf war. Sie fühlt sich machtlos, wertlos und unsichtbar.
„Diese Ausstellung ist für mich nicht nur Kunst. Sie ist Widerstand. Sie ist ein Schrei nach Freiheit.“
Heute dürfen Frauen in Afghanistan nicht allein das Haus verlassen. Sie dürfen keinen Beruf ausüben. Sie dürfen keine weiterführende Schule besuchen. Mädchen dürfen nur bis zur 6. Klasse lernen – danach ist Schluss.
Ich dagegen habe hier die Möglichkeit, mein Abitur zu machen. Ich kann lernen, träumen, Fortschritte machen. Und ich wünsche mir nichts mehr, als dass auch die Frauen und Mädchen in Afghanistan diese Freiheit eines Tages wieder erleben dürfen.
Diese Ausstellung ist deshalb für mich nicht nur Kunst. Sie ist Widerstand. Sie ist ein Schrei nach Freiheit.
Sie zeigt: Diese Frauen lassen sich nicht zum Schweigen bringen. Auch wenn ihre Stimmen in Afghanistan unterdrückt werden – ihre Kunst spricht. Laut und klar. Und heute hier – durch uns.
Für mich als junge Frau aus Afghanistan ist es sehr wichtig, dass die Welt von der Situation in meinem Land erfährt. Denn das, was dort geschieht, ist zutiefst ungerecht. Es ist ein Bruch mit den Rechten jedes einzelnen Menschen. Und dennoch: Hier in Deutschland wird darüber viel zu wenig gesprochen.
Deshalb bin ich so dankbar, dass Sie heute hier sind. Dass Sie diesen Raum mit Ihrer Aufmerksamkeit füllen. Und dass Sie bereit sind, die Geschichten hinter den Bildern zu hören.
„Diese Frauen lassen sich nicht zum Schweigen bringen. Auch wenn ihre Stimmen in Afghanistan unterdrückt werden – ihre Kunst spricht.“
Wenn Sie später durch die Ausstellung gehen, lade ich Sie ein, nicht nur die Farben und Formen zu sehen – sondern das, was dahinter liegt.
Sehen Sie die Sehnsucht. Sehen Sie die Angst. Sehen Sie den Mut. Sehen Sie die Hoffnung.
Und wenn Sie Fragen haben oder mehr wissen wollen – wir sind da! Sprechen Sie uns gerne an.
Zum Schluss möchte ich mit den Worten einer der afghanischen Künstlerinnen enden, die an dieser Ausstellung mitgewirkt haben. Sie hat gesagt:
„Kunst ist der einzige Weg, um die aktuelle Situation zu überwinden und neue Hoffnung zu schöpfen – für jede afghanische Frau und jedes afghanische Mädchen. Sie erlauben uns nicht, uns zu bilden, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, unabhängig zu sein. Aber mit der Unterstützung von Menschen, denen Menschheit etwas bedeutet, haben wir Hoffnung.“
Danke, dass Sie heute diese Hoffnung mittragen. Danke, dass Sie hier sind.“